Äpfel mit Birnen – Vergleich Influenza mit Covid-19

Man hört und liest es immer wieder: „Corona ist doch nur genauso schlimm wie die Grippe. Bei der jährlichen Grippewelle wird doch auch nicht so ein Theater veranstaltet.“

Die Frage, die sich mir dabei unweigerlich stellt: Ist das wirklich so? Kann man die Grippe (Influenza) mit SARS-CoV-2 vergleichen? Und wenn ja, ist die Schwere der beiden Erkrankungen vergleichbar?

Eine Bitte vorab: Vertraut nicht unbedingt jeder Quelle und hinterfragt diese kritisch. Nicht immer ist die einfachste Antwort auch gleichzeitig die richtige Antwort. Es kursieren viele Falschinformationen im Netz und es herrscht mittlerweile eine recht aufgeheizte Stimmung. Wüste Beschimpfungen, unsachliches Argumentieren und sogar Drohungen sind an der Tagesordnung. Wir dürfen uns davon nicht beeinflussen lassen, müssen einen kühlen Kopf bewahren und Informationen stets kritisch bewerten. Nur weil die Nachbarn irgendwo gelesen haben, dass es Corona eigentlich gar nicht gibt, heißt das nicht, das es wirklich so ist.

Zurück zum Thema. Wir wollen uns der oben genannten Fragestellung wissenschaftlich widmen. Ich möchte euch heute eine Studie vorstellen, die im British Medical Journal veröffentlich wurde. Auch das British Medical Journal ist ein sehr seriöses und wichtiges Journal in der weltweiten medizinischen Forschung. Die Studie trägt den langen Namen:

Comparative evaluation of clinical manifestations and risk of death in patients admitted to hospital with covid-19 and seasonal influenza; cohort study

Die Studie umfasst insgesamt 16317 Patienten, und zwar US-amerikanische Veteranen, die aufgrund ihrer Erkrankung im Krankenhaus behandelt werden mussten. In den USA gibt es eine Art Gesundheitssystem für Kriegsveteranen. Da hier relativ viele Daten der Patienten gesammelt werden, hat man sich diese zur Auswertung herangezogen, dabei aber Alter, Geschlecht und Vorerkrankungen bei der Hochrechnung der Risiken bereits berücksichtigt. Kurz gesagt, es geht hier also nicht nur um ältere Männer mit Vorerkrankungen.

In der ersten Gruppe sind 12676 Patienten mit einem positiven Test auf Influenza, getestet im Zeitraum von Januar 2017 bis Dezember 2019. In der zweiten Gruppe sind 3641 Patienten mit einem positiven Test auf SARS-CoV-2, getestet im Zeitraum von Februar 2020 bis Mitte Juni 2020.  Alle diese Patienten hat man in Bezug auf die Schwere ihrer Erkrankung und mögliche Komplikationen untersucht. Ich möchte euch im Folgenden nur wenig mit Zahlen bombardieren, aber ein paar müssen wir uns dann doch anschauen. Die Patienten mit Covid-19 hatten im Vergleich mit den Influenza-Patienten ein fast zweieinhalbfach erhöhtes Risiko auf einer Intensivstation behandelt zu werden und ein vierfach erhöhtes Risiko eine künstliche Beatmung zu benötigen. Leider muss man auch sagen, dass die Patienten mit Covid-19 ein fast fünffach erhöhtes Risiko hatten, zu versterben.

Zusätzlich hatten die Patienten aus der Gruppe mit Covid-19 ein erhöhtes Risiko für ein akutes Nierenversagen mit anschließender Nierenersatztherapie (Dialyse). In der Gruppe der Patienten mit Covid-19 traten vermehrt tiefe Venenthrombosen, Schlaganfälle und schwere septische Schocks auf. Zudem mussten sie häufiger mit Insulin behandelt werden.

Zusammenfassend birgt eine Infektion mit SARS-CoV-2 im Vergleich mit Influenza ein höheres Risiko auf einer Intensivstation zu landen und beatmet zu werden. Zudem ist auch das Sterberisiko höher. Außerdem kommt es häufiger zu Komplikationen. Ein weiterer Hinweis, dass SARS-CoV-2 nicht nur eine Rolle im Bereich der Lunge spielt, sondern auch in anderen Organsystemen. Auch hier möchte ich nochmals auf die, in einem vorhergehenden Beitrag erwähnten, Folgeschäden Hinweisen. Schlaganfälle, tiefe Venenthrombosen, Nierenversagen mit dauerhafter Nierenersatztherapie. All das sind Komplikationen, die auch nach der vermeintlich ausgestandenen Infektion noch lange, wenn nicht sogar lebenslange und stark einschränkende Nachwirkungen haben können.

Bleibt gesund und diskutiert bitte anständig.

Euer Micha

Meine Quellen:

British Medical Journal: https://doi.org/10.1136/bmj.m4677